AOK-Vorstandskonferenz
Trotz Kostenbremse Strukturveränderungen notwendig
8. Juli 2010 | Gesetzliche Krankenversicherung Drucken | Weiterempfehlen |Als eine “unaufschiebbare Notoperation” hat die Vorstandskonferenz der 14 AOKs und des AOK-Bundesverbandes am Donnerstag (8. Juli) die von der Bundesregierung geplante Beitragssatzerhöhung bezeichnet. Trotz der Anhebung sowie den in den Eckpunkten zur Gesundheitsreform vorgesehenen Einsparungen seien “echte Strukturveränderungen” unumgänglich, um die gesetzliche Krankenversicherung mittel- und langfristig zukunftssicher zu machen und Kostensteigerungen nicht über den Zusatzbeitrag allein den Versicherten aufzubürden.
Die angekündigten Beitragssatzerhöhungen sind eine “unaufschiebbare Notoperation”, um das drohende Rekord-Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung von bis zu elf Milliarden Euro im Jahr 2011 aufzufangen. So hat am Donnerstag (8. Juli) die Vorstandskonferenz der 14 AOKs und ihres Bundesverbandes die jetzt von Bundesgesundheitsminister Philip Rösler vorgelegten Eckpunkte der Gesundheitsreform bewertet.
Es sei gut für Versicherte und Beitragszahler, dass die Regierung jetzt für 2011 endlich Kalkulationssicherheit schaffe, auch wenn sich niemand über höhere Belastungen freue. Die gesetzlichen Krankenkassen könnten damit bei weiter vollständigem Leistungsangebot die gute Versorgung der Patienten sicherstellen.
Dennoch sei die Bundesregierung gefordert, das System der gesetzlichen Krankenversicherung auch mittel- und langfristig zukunftssicher zu machen. Dazu bedürfe es weiterer echter Strukturveränderungen, damit Kostensteigerungen wegen des künftig nach oben hin offenen Zusatzbeitrags auch in den Folgejahren nicht alleine durch die Versicherten zu tragen seien.
Zwar sei es grundsätzlich anerkennenswert, dass die Lasten für die nächsten zwei Jahre auf alle Schultern verteilt werden. Leider falle jedoch der Sparbeitrag von Ärzten und Krankenhäusern noch zu niedrig aus. Nach den politisch gewollten sehr hohen Zuwächsen bei den Vergütungen im Vorjahr wäre eine “Nullrunde”, wie sie von den gesetzlichen Krankenkassen bei den Verwaltungskosten erwartet wird, für die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhäuser sicherlich keine Zumutung.
Darüber hinaus fehlten mittelfristig wirksame Maßnahmen für mehr Wettbewerb. Die Kassen könnten wirtschaftlicher arbeiten, wenn sie zum Beispiel mit bestimmten spezialisierten Leistungserbringern in der stationären und ambulanten Versorgung selektive Verträge über planbare Behandlungen abschließen dürften. Diese wirtschaftliche Freiheit zur Gestaltung einer besseren Versorgung fehle. Bevor man dem Beitragszahler tiefer in die Tasche greife, müssten auch alle wettbewerblichen Potenziale gehoben werden.
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Die neuen Finanzierungsmechanismen seien nur dann sozial verantwortbar, wenn zusammen mit dem Sozialausgleich direkt beim Arbeitgeber beziehungsweise bei der Rentenversicherung oder der Arbeitsagentur sichergestellt werde, dass die Zahlungen der Zusatzbeiträge auch tatsächlich bei der Kasse ankommen. Hier fehlten noch überzeugende Regelungen, weil nach derzeitigem Stand sonst Zahlungsausfälle von bis zu 30 Prozent drohen. Diese Ausfälle würden dann wieder von allen anderen Versicherten einer Kasse als höhere Zusatzbeiträge zu bezahlen sein. Das wäre ungerecht und wettbewerbsverzerrend. Hier sei die Regierung gefordert, unbürokratische, aber wirksame Mechanismen vorzusehen, die eine effektive und vollständige Beitragserhebung ermöglichen.
Die derzeitigen Ausgleichsmechanismen zwischen den Kassen über den Gesundheitsfonds hätten sich sowohl wettbewerblich wie sozial bewährt. Im Interesse der Versicherten begrüße die AOK daher, dass die Bundesregierung diese sachgerechten Regelungen beibehält.